Eisenmangel in der Schwangerschaft
Erhöhter Eisenbedarf in der Schwangerschaft darf nicht übersehen werden — das sind die Ursachen, Symptome und Folgen.
Kein Eisenmangel dank Schwangerschafts-Vitaminbomben?
Viele Frauen vertrauen in der Schwangerschaft auf die typischen Multivitamin-Mischungen, um sich und ihr Kind mit ausreichend Mikronährstoffen zu versorgen. Meistens ist auch Eisen enthalten, um einem Eisenmangel in der Schwangerschaft vorzubeugen. Aber fragst du dich auch manchmal:
Brauche ich überhaupt diese teuren Nahrungsergänzungsmittel-Pakete, um „umfassend versorgt“ zu sein? Worin unterscheiden sich die Anbieter und wo kommen die Inhaltsstoffe überhaupt her? Ist es wirklich gut für mich und mein Kind?
Inhalt
Oft vergessen: Erhöhter Eisenbedarf in der Schwangerschaft
Während das Baby im Bauch langsam wächst, steigt auch Monat für Monat der Eisenbedarf im Körper. Gleichzeitig schrumpfen die Eisenspeicher, bis sie völlig ausgeschöpft sind. Zu Beginn der Schwangerschaft haben deshalb nur 7 % der Frauen einen Eisenmangel, im 2. Trimester sind es schon 14%, am Ende durchschnittlich 28,4 %. (Mei 2011)
Infografik: Eisenmangel in der Schwangerschaft
Teilnehmerinnen: 1171 schwangere Frauen, USA, 1999–2006, Quelle: Mei 2011.
- 1. Trimester 6,9%
- 2. Trimester 14,3%
- 3. Trimester 29,5%
Warum? Ursachen für Eisenmangel in der Schwangerschaft
- Gesteigerte Blutbildung verbraucht Eisen
Im Laufe der Schwangerschaft benötigt der Körper immer mehr Eisen, vor allem um im dritten Trimester viel Blut zu bilden. Etwa 70% des gesamten Eisens, das sich im Körper befindet, wird für den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) als Sauerstofftransporter benötigt. Es füllt die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) von der Mutter und vom Kind. So gelangt der lebenswichtige Sauerstoff aus der Atemluft zu allen Körperzellen und zum Baby. Interessanterweise nehmen die Blutzellen des Babys den Sauerstoff noch schneller auf als bei der Mutter, um gut versorgt zu sein.
- Zu wenig Eisen in der Ernährung
Das meiste Eisen steckt in rotem Fleisch, Hülsenfrüchten wie z.B. Bohnen und Linsen, Vollkornprodukten und in vielen Gemüsesorten. Diese sollten also täglich auf dem Speiseplan stehen und klug kombiniert werden. Aber wusstest du, dass in vielen Lebensmitteln, die Eisen enthalten, auch hemmende Säuren enthalten sind? Auch eine Kombination der Mahlzeit mit Kaffee, Tee, Milch oder Getreide-Drinks können die Eisenaufnahme erschweren. Wir brauchen also relativ viele eisenhaltige Lebensmittel, um auf den Tagesbedarf von ca. 15 mg Eisen zu kommen – wenn wir normal gesund sind. In der Schwangerschaft benötigt man aber das Doppelte: Empfohlen sind 30 mg Eisen pro Tag.
- Verdauungsprobleme
Für die Eisenaufnahme ist der Darm zuständig, d.h. wenn es hier Probleme gibt, kann sich auch ein Eisenmangel einschleichen. Viele Frauen leiden unter einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) oder chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Reizdarm. Die dauerhafte Entzündung der Darmschleimhaut hemmt die Möglichkeiten, um Eisen aus der Nahrung aufzunehmen. Die unangenehmen Verdauungsprobleme mit bestimmten Lebensmitteln können zum intuitiven Weglassen der Nahrungsmittel führen – doch oft wären gerade die glutenhaltigen Lebensmittel, wie z.B. Vollkornbrot, auch sehr wichtige Eisen-Quellen, die dann wegfallen.
- Mehrere Schwangerschaften in wenigen Jahren
Das Risiko für einen Eisenmangel steigt nicht nur im Laufe einer Schwangerschaft, sondern auch im Laufe der weiteren Familienplanung. Nicht jede Frau schafft es als frischgebackene Mama die Eisenspeicher ausreichend aufzufüllen, bis das nächste Geschwisterchen auf dem Weg ist.
Nach der (ersten) Geburt liegt der tägliche Bedarf für die jungen Mütter bei 20 mg Eisen täglich – immer noch doppelt so viel wie bei Männern. Das gilt sowohl für stillende Frauen als auch für nicht stillende, denn der Körper braucht noch einige Monate um die Verluste aus der Schwangerschaft vollständig auszugleichen.
Untersuchungen in vielen Ländern haben gezeigt: Mit jeder Schwangerschaft, insbesondere in kurzem Abstand, wächst die Wahrscheinlichkeit für einen Eisenmangel. Anstatt beim zweiten Kind auf die Nahrungsergänzungen der ersten Schwangerschaft zu verzichten, sollte jetzt erst recht auf ausreichende Versorgung geachtet werden.
- Schwangerschaftskomplikationen
Es läuft nicht immer alles perfekt. Der Eisenmangel in der Schwangerschaft kann durch Blutverlust noch verschärft werden, z.B. bei Blutungen in der Gebärmutter oder der Plazenta. Auch Blutungen im Magen-Darm-Bereich (Magengeschwür, Hämorrhoiden) können während der Schwangerschaft auftreten. Während der Geburt und kurz danach erleben die meisten Frauen Blutungen, die in gewissem Ausmaß völlig normal sind, die aber auch durch verstärkte Blutbildung ausgeglichen werden müssen.
Symptome und Folgen von Eisenmangel in der Schwangerschaft
Wie zeigt sich überhaupt ein Eisenmangel? Die Anzeichen können zunächst eher unauffällig sein und zeigen sich erst ausgeprägter, wenn die Speicher leer sind:
- Schwächegefühl
- leichter Schwindel
- Blässe
- Kurzatmigkeit
- Alle typischen Symptome einer Blutarmut – der Eisenmangelanämie – können auch in der Schwangerschaft auftreten.
Hinzu kommen die negativen Folgen für das ungeborene Kind, wie z.B.
- verringertes Wachstum
- höheres Risiko für Frühgeburten
- Bluttransfusion bei der Geburt [Breymann 2015]
Therapie-Möglichkeiten bei Eisenmangel
Wenn der Frauenarzt bzw. die Frauenärztin einen Eisenmangel in der Schwangerschaft vermutet, kann das mit einem einfachen Bluttest überprüft werden. Leichter Eisenmangel kann über die gezielte Anpassung der Ernährung, Nahrungsergänzungsmittel und / oder Eisentabletten ausgeglichen werden. Bei drastischem Eisenmangel und gestörter Eisen-Aufnahme im Darm gibt es auch Eisen-Infusionen, die in der Arztpraxis bzw. im Krankenhaus direkt ins Blut geleitet werden.
Als erstes verschreibt der Arzt wahrscheinlich günstige Eisen-2-Präparate, die weit verbreitet sind und den Eisenspiegel meistens effektiv erhöhen. Allerdings gehen diese Tabletten für sehr viele Frauen mit äußerst unangenehmen Nebenwirkungen einher:
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Verdauungsprobleme, z.B. Verstopfung oder Durchfall
- Unwohlsein und Schwindel
Im Grunde kennt jeder, der diese Tabletten bereits einnehmen musste, eine Form dieser Beschwerden – auch wenn es hinterher geholfen hat, den Eisenmangel auszugleichen. Wer die Eisentabletten nicht verträgt, kann allerdings auch auf Eisen-3-Präparate umsteigen. (AWMF Leitlinie 2016)
Eisen liegt in der Nahrung nicht als Eisen (2) vor, sondern eben als pflanzliches Eisen (3). Unser Körper ist seit Jahrtausenden daran gewohnt, das Eisen in dieser Form aus der Nahrung aufzunehmen und selbst umzuwandeln. Logischerweise ist es darum für viele Menschen deutlich besser verträglich, wenn auch etwas weniger „effektiv“. Heutzutage gibt es moderne Eisen-Präparate, die komplett pflanzlich und zudem sogar Bio-zertifiziert sind, z.B. aus Curryblättern.
TIP: Wer Eisen-(2)-Tabletten nicht verträgt, kann auf Präparate mit Eisen-(3) umsteigen. Dieses Nahrungs-Eisen kommt natürlich in Pflanzen vor und ist für viele besser bekömmlich!
Tipps: Schonend die Eisenspeicher füllen
Gerade in der Schwangerschaft gibt es schon genug Dinge, über die man sich Gedanken machen kann. Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme aufgrund von starken Eisentabletten sollten nicht dazugehören. Was kann man also tun, um einem Eisenmangel vorzubeugen oder diesen zu beheben?
- Früh anfangen
Wer mit leerem Eisenspeicher in die Schwangerschaft startet, hat schlechtere Karten. Am besten ist es also, schon bei Kinderwunsch vorzusorgen. Sobald es also losgehen könnte mit der Familienplanung, sollte neben Folsäure & Jod auch Eisen ergänzt werden, damit die Eisenspeicher rechtzeitig voll sind. - Am Ball bleiben
Das Auffüllen der Eisenspeicher braucht Zeit, denn die tägliche Aufnahmemenge im Darm ist begrenzt. Mindestens 3 Monate sollte man Eisen-Kapseln einnehmen. - But first – no – coffee
Eisenkapseln sollte man am besten auf nüchternen Magen nehmen, damit das Eisen im Darm „ungestört“ aufgenommen werden kann. Leider kann Eisen mit Kaffee, Tee, Milch oder Getreide-Drinks nicht so gut verdaut werden, da sich Komplexe bilden und das Calcium die Eisenaufnahme behindert. (Hurrell 2010) - Mit Vitamin C kombinieren
Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Vitamin C die Eisenaufnahme im Körper erhöht. Die Kombination von Eisen mit Vitamin C ist darum die klügste und natürlichste Lösung, um schonend und effektiv die Eisenspeicher zu füllen. (Low 2016) - Jeden 2. Tag
Ein neuer medizinischer Ansatz ist die „intermittierende Eisen-Ergänzung“, um die Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Verstopfung und Schwindel zu verringern. Dabei nimmt man nur jeden zweiten Tag eine Eisen-Kapsel. In einer systematischen Übersichtsstudie der Cochrane Stiftung kamen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass durch die intermittierende Eisen-Einnahme alle Vorteile einer täglichen Eisen-Einnahme gewährleistet waren – aber mit weniger Nebenwirkungen und geringerem Risiko der Überversorgung durch zu viel Eisen. (Peña-Rosas et al. 2015)
Fazit: Eisenmangel in der Schwangerschaft
Ein Eisenmangel bei Schwangeren betrifft fast jede dritte Frau im letzten Trimester der Schwangerschaft. Gründe dafür sind die erhöhte Blutbildung für Mutter und Kind, eine unzureichend angepasste Ernährung, Verdauungsprobleme, sowie mehrere oder komplizierte Schwangerschaften. Oft sind die Symptome wie Blässe und Schwächegefühl nicht eindeutig, weshalb ein Bluttest über einen Eisenmangel Auskunft gibt.
Zur Therapie des Eisenmangels werden normalerweise synthetische Eisentabletten eingesetzt, die jedoch zu unerwünschten Verdauungsproblemen führen können. Alternativ gibt es mittlerweile pflanzliche Eisen-Präparate, z.B. aus Curryblatt, die besser bekömmlich sind.
Zur Vorsorge wird empfohlen, auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährung zu achten. Nahrungseisen wird besonders gut in Kombination mit Vitamin C verarbeitet. Die frühzeitige, schonende Nahrungsergänzung mit pflanzlichem Eisen wäre ideal, um mit vollem Eisenspeicher in eine Schwangerschaft zu starten, bzw. danach die Eisenspeicher wieder gesund aufzufüllen.
Quellen
(Stand: Online-Quellen abgerufen im Oktober 2018)
- AWMF. S1-Leitlinie 025–021 Eisenmangelanämie, Stand 01/2016. URL: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/025–021l_S1_Eisenmangelanaemie_2021-11.pdf
- Breymann, C. (2015). Iron Deficiency Anemia in Pregnancy. Seminars in Hematology, 52(4), 339–347. https://doi.org/10.1053/j.seminhematol.2015.07.003
- Cantor, A. G., Bougatsos, C., Dana, T., Blazina, I., & McDonagh, M. (2015). Routine Iron Supplementation and Screening for Iron Deficiency Anemia in Pregnancy: A Systematic Review for the U.S. Preventive Services Task Force. Annals of Internal Medicine, 162(8), 566. https://doi.org/10.7326/M14-2932
- Hurrell, R., & Egli, I. (2010). Iron bioavailability and dietary reference values. The American Journal of Clinical Nutrition, 91(5), 1461S–1467S. https://doi.org/10.3945/ajcn.2010.28674F
Mei, Z., Cogswell, M. E., Looker, A. C., Pfeiffer, C. M., Cusick, S. E., Lacher, D. A., & Grummer-Strawn, L. M. (2011). Assessment of iron status in US pregnant women from the National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES), 1999–2006. The American Journal of Clinical Nutrition, 93(6), 1312–1320. https://doi.org/10.3945/ajcn.110.007195 - Low, M. S. Y., Speedy, J., Styles, C. E., De-Regil, L. M., & Pasricha, S.-R. (2016). Daily iron supplementation for improving anaemia, iron status and health in menstruating women. Cochrane Database of Systematic Reviews, (4). https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27087396/
- Peña-Rosas, J. P., De-Regil, L. M., Gomez Malave, H., Flores-Urrutia, M. C., & Dowswell, T. (2015). Intermittent oral iron supplementation during pregnancy. Cochrane Database of Systematic Reviews, (10), CD009997. https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD009997.pub2/full
Therapie von Eisenmangel
Wenn die Diagnose „Eisenmangel“ steht, muss man sich für einen Therapieweg entscheiden. Doch wann ist eine Eisen-Ergänzung wirklich notwendig? Wie findet man das passende Eisenpräparat und welche Unterscheide gibt es? Darauf solltest du achten, wenn du vor der Wahl stehst: Günstige Eisentabletten im Drogeriemarkt, synthetischen Eisen-Medikamenten aus der Apotheke oder natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln mit pflanzlichem Eisen?